Freitag, 27. Juni 2014

Blog die Zweite

Es ist wohl mal wieder an der Zeit...
Da ich festgestellt habe, dass ich das Blog schreiben mehr und mehr vor mir herschiebe, habe ich beschlossen, einfach nicht mehr so detailliert zu berichten. Photos fehlen diesmal auch, weil der PC hier im Internetcafe in Antigua recht langsam ist. Der playstore hatte mir zwischenzeitlich erzählt, dass die blogger app nicht mit meinem tablet kompatibel ist, was inzwischen aber auch egal ist, da mir am letzten Abend in Honduras mein Tablet geklaut worden ist. Hab mich ´nen halben Tag totgeärgert, inzwischen freue ich mich, dass ich gesund bin und Reisepass und Kreditkarte noch habe.

Es war hart genug, sich aufzuraffen. Janik, mit dem ich knapp zwei Wochen in Nicaragua unterwegs war, hat es meiner Ansicht nach gut auf den Punkt gebracht:

"Wenn man reist, dann lebt man einfach mehr. Weil jeden Tag was anderes passiert."

Die Semantik lässt zu wünschen übrig, aber im Wesentlichen ist das der Grund, warum ich schon wieder so lange nichts habe hören lassen. Ich hab einfach soviel Besseres zu tun...   ;)

Ich knüpfe jetzt einfach direkt an meine Zeit in Granada an.
Nach der Woche Spanischkurs bin ich gemeinsam mit Brian (US), Brandon und Taylor (Kanada), Janik (Deutschland) und Louise (Belgien) in den Südwesten von Nicaragua nach San Juan del Sur gefahren. In den vergangenen fünf Jahren hat es sich ziemlich verändert. Damals noch ein mehr oder weniger verschlafenes Fischerörtchen mit einer Disco, zwei Kneipen und einem Surfshuttle am Tag, tummeln sich dort inzwischen mehr Gringos als Einheimische. Vor allem Surfer aus den USA haben die Region inzwischen entdeckt, ist sie doch billiger als Costa Rica und bietet darüber hinaus mit die besten Surfbedingungen der Welt. Es war dadurch natürlich einfacher, an die Surfspots zu kommen, aber das konnte mich nicht darüber hinwegtrösten, dass ich keine Chance hatte spanisch zu sprechen, sich die Preise verdoppelt haben und man nun mit durchschnittlich 40 Leuten auf dem Board im Wasser liegt, verglichen mit 5-10 in 2009.
Dank guter Gesellschaft hatte ich trotz allem ein schönes Wochenende, stand endlich mal wieder auf 'nem Surfbrett und habe mir den ersten Sonnenbrand geholt (was nach drei Wochen in Nicaragua mehr als überfällig war).

Nachdem ich an diesem Wochenende dann auch erfahren hatte, dass der VfB Stuttgart dem Abstieg leider entrinnen konnte, ging es mit Janik am frühen Montagmorgen relativ durch zurück nach Granada. Dort angekommen haben wir in unserem vorherigen Hostel unser Gepäck abgeholt und haben nach einer Dusche und einem improvisierten Mittagessen die Fähre nach San Carlos bestiegen.

San Carlos liegt im Südosten des Landes, ist unspektakulär und um einiges schneller zu erreichen. Der Gedanke an eine Nacht auf Deck einer kleinen Passagierfähre war aber einfach zu verlockend, weshalb wir den Trip schon vor unserer Abreise nach San Juan so geplant hatten. Sofern man bei Janik von Planung sprechen kann. Die meisten von euch werden sich über den letzten Satz den Arsch ablachen, aber Janik hatte das Motto "Kommt der Bus, steig ich ein" nicht nur verinnerlicht - es schien vielmehr sein Lebensmotto zu sein. Im Endeffekt war ich für wecken, Frühstück organisieren und Bus erreichen zuständig, während es eine Leistung war, dass er überhaupt aufrecht stehen konnte.

Ich hätte nicht gedacht, dass ich in Nicaragua mal frieren würde, aber ich war dann doch froh, dass ich meinen Schlafsack dabei hatte. Am nächsten Morgen habe ich mir dann mit einem Kaffee in der Hand den Sonnenaufgang angeschaut und den schönsten Regenbogen bestaunt, den ich jemals sehen durfte. Eine Verbindung zwischen zwei kleinen Inselchen, der perfekte Kreis nur abgeschnitten durch den Boden. Dem ersten Impuls, so schnell wie möglich an meine Kamera zu kommen, konnte ich zum Glück widerstehen; stattdessen bin ich stehen geblieben und habe den Moment genossen.
In San Carlos haben wir dann ein günstiges Hostel bezogen und nochmal "aufgetankt": Schlaf nachgeholt, gegessen, Geld für die kommende Woche abgehoben und Wäsche gewaschen. Bei der Gelegenheit durfte ich dann feststellen, dass an mir wahrlich kein Waschweib verlor gegangen ist. Dass es weder im Hostel noch im Rest der "Stadt" einen Wäscheservice gab, war leider schnell in Erfahrung gebracht, so dass mein Handwaschmittel zu seinem ersten größeren Einsatz kam - ich hatte leider fast nichts frisches mehr zum Anziehen. Knapp 70 Minuten und drei offene Blasen später hing dann aber alles zum Trocknen auf der Leine.
Beim anschließenden zweiten Frühstück habe ich dann Alain wiedergetroffen, den ich in der vorangegangenen Nacht auf der Fähre kennengelernt hatte. Er saß hustend und niesend auf Deck und es hat ein bisschen gedauert, bis ich ihm meine Jacke aufgeschwätzt hatte ("I don't wanna be any inconvenience"). Er hat sich dann überschwänglich bedankt, mich beim essen nochmal angesprochen und mir dann seine Telefonnummer gegeben. "Call me if you visit Leon", was ich dann zwei Wochen später auch gemacht habe. Aber darauf werde ich dann (hoffentlich) beim nächsten Eintrag eingehen.

Am Abend stießen dann zwei Freundinnen von Janik zu uns, mit denen er seine Reise begonnen hatte. Die beiden waren recht nett, aber doch arg adoleszent und girly. Zumindest waren wir jetzt genug Leute, um Tichu und Wizard zu spielen, was wir dann auch gleich am nächsten Tag exzessiv getan haben. Unser erster Stop Bocas gab ausser gutem Essen und einem gechillten Hostel nicht viel her, aber die zwei ruhigen Tage in Folge haben gut getan.

Am nächsten Tag haben wir dann unser eigentliches Ziel, El Castillo, angesteuert, benannt nach dem kleinen Kastell, von dem man einen guten Ausblick auf den Fluss hat. Nicht ohne Grund, ist der Rio San Juan doch seit jeher eine konfliktbehaftete Region (bei Interesse bitte googlen. ;) )
Von dort aus haben wir dann mehrere Touren unternommen.
 
Am Tag nach unserer Anreise habe ich mich erstmals auf meiner Reise meinen Urängsten gestellt und habe mich auf ein Pferd gesetzt. Wer nicht wusste, dass ich Angst vor Pferden habe: Die Viecher sind größer und weitaus schwerer als ich, und ich kann ihre Körpersprache nicht lesen, weswegen ich mich bis dato von ihnen ferngehalten hatte. Die Aussicht auf einen halben Tag alleine in einem 500 Seelen Ort war dann aber Motivation genug, über meinen Schatten zu springen und mich auf den Rücken eines Gauls zu setzen. Es war zunächst eher unangenehm, vor allem, weil mein Gefährt regelmäßig schnaufte und wieherte, ohne dass ich den Grund dafür wusste. Die Einführung an den Zügeln hatte keine Minute gedauert (Zug nach links - Pferd läuft nach links. Zug nach rechts - Pferd läuft nach rechts. Zug nach hinten - Pferd bleibt stehen. "Todo bien? Vamos!"), und es hat 'ne Weile gedauert, bis ich mich halbwegs wohl gefühlt habe. Zum Glück saß ich auf einer sehr alten und friedlichen Mähre, die es recht ruhig angehen ließ und offenbar wusste, wo es lang geht. Fragwürdige oder falsche Kommandos meinerseits wurden geflissentlich ignoriert, und nachdem ich eine Beziehung etabliert hatte (Ja, ich habe mit einem Pferd gesprochen. Ja, ich weiß, dass es mich nicht verstanden hat. Lateinamerikanische Pferde können kein Deutsch.), vornehmlich, um mich zu beruhigen, hatte ich wider Erwarten sogar Spaß. Unser Zwischenstopp auf einer Kakao- und Kokosnussplantage war sowohl erfrischend als auch lehrreich (wusste einer von euch, dass es mehr als eine Sorte Kokosnüsse und darüber hinaus verschiedene Reifegrade gibt?), und auf dem Rückweg habe ich praktisch schon nicht mehr drüber nachgedacht, was ich da eigentlich mache.

Am nächsten Tag gings dann auf Dschungeltour ins Reserva Biológica Indio Maíz. Nach 1 1/2 Stunden im Boot war ich dann umgeben von Affen und Pfeilgiftfröschen, Lianen, Affen und Millionen von Moskitos. Unser Guide ließ uns auf Blättern kauen, die eine betäubende Wirkung haben. Ich habe wohl einmal zu oft drauf gebissen, denn für die nächste halbe Stunde haben meine Zunge und mein Zahnfleisch gekribbelt wie bescheuert, vom ununterbrochenen Speicheln mal ganz abgesehen...  :)
Die Tour hat insgesamt 4 1/2 Stunden gedauert, war sehr lehrreich und superspannend. Wer das Dschungelbuch als Kind so sehr geliebt hat wie ich, sollte eine solche Tour unbedingt mal mitmachen.

Am vierten Tag haben sind wir dann abends mit einem kleinen Boot und Taschenlampen den Fluss hinaufgefahren, um Kaimane zu beobachten. Zumindest dachte ich, dass wir sie nur beobachten, bis einer unserer Guides in Ufernähe ins Wasser stieg, sich anschlich und plötzlich einen Kaiman festhielt. Sie haben ihm dann mit einem Schnürsenkel das Maul zugebunden und ihn ins Boot geholt, und dann hatte ich ihn auch schon auf dem Schoß. Ich war hin- und hergerissen zwischen Mitleid und Euphorie. Einerseits dachte ich mir, dass der arme Kerl völlig verängstigt sein muss, andererseits war es extrem spannend und interessant, ein solches Tier aus nächster Nähe beobachten und anfassen zu können. Zumindest waren sie sehr vorsichtig, haben ihn behutsam behandelt und natürlich auch wieder frei gelassen.

Am nächsten Morgen sind wir dann schließlich wieder zurück nach San Carlos gefahren, wo sich unsere Wege dann getrennt haben. Nach fast zwei Wochen mit Janik fiel der Abschied schon etwas schwer. Ich hatte den Kleinen irgendwie ins Herz geschlossen. Nachdem alle anderen Verbindungen mehr als bescheiden waren, habe ich mich entschlossen, erstmal wieder bei Antonio zu crashen, mich zu sortieren und Pläne zu machen, wie es weitergehen soll. Diese Entscheidung bescherte mir dann eine in jeglicher Hinsicht unvergessliche Busfahrt, über die ich aber ein andermal berichten werde.

Ich hätte auch noch viel mehr über die Touren und zahlreiche Begegnungen berichten können, aber ich denke, dass ich mich dann in Details verliere und nie zum Ende komme.

Auf bald meine Freunde. Dann hoffentlich wieder mit Photos. Hasta luego.

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